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Warum Multitasking im Job unzufrieden macht und ineffizient ist

Warum Multitasking im Job ungesund und nicht effektiv ist

“Ich bin Multitasking-Fähig” ist wohl eine recht häufige geäußerte Selbsteinschätzung. Seit den 90ern des letzten Jahrhunderts schon fast zum guten Ton gehörend, gerade im Bezug auf die eigene Leistungsfähigkeit im beruflichen Umfeld. Vieles gleichzeitig erledigen zu müssen, können oder zu wollen ist heute bei vielen Menschen zum Berufsalltag geworden. Gleichzeitig beklagen wir uns über Abgeschlagenheit oder nehmen bei uns sogar eine immer weiter steigende psychischen Belastung wahr. Aber wieviel davon ist vielleicht auch selber vermeidbar? Und was passiert in unserem Gehirn, während wir uns mehreren Aufgaben gleichzeitig widmen? Und können wir überhaupt anders?

Unser Gehirn steht seit nun 25 Jahren Internet vor einer schier unlösbaren Aufgabe, die ständig steigende Informationsflut zu verarbeiten. Zusätzlich zu all diesem – mehr oder weniger informativen Dauerstress, haben wir deutlich mehr Arbeit. Es gilt erlernte Fähigkeiten mittels den gewonnenen Informationen zu immer effizienteren Ergebnissen zu führen. Diese angestrebte effiziente Arbeitsleistung, der möglichst maximale Output, sind oftmals ein schmaler Grad zwischen Qualität und Quantität. Kurz: Wer normal gute Leistungen im Job erbringt, muss heute eine ausgewogene Schnittmenge der qualitativen und quantitativen Leistung erbringen, die auf eine immer größer werdende Menge an Informationen beruht.

Multitasking kostet sehr viel Energie

Während wir denken, dass wir mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen, schalten wir eigentlich nur sehr schnell zwischen unterschiedlichen Tätigkeiten hin und her. Jeder dieser Umschaltprozesse kostet Energie, auch wenn wir das im entsprechenden Augenblick nicht merken. Mehr Leistung kostet eben mehr Energie. Schlimmer ist jedoch, dass Multitasking unsere Stresshormone aktiviert. Dadurch wird unser Gehirn überstimuliert, was zu Gedankenvernebelung führt. Multitasking sorgt für eine Dopaminsucht, die unser Gehirn jedes Mal dann belohnt, wenn wir uns zugunsten einer Nebentätigkeit von unserer Hauptaufgabe abwenden. Das verstärkt die Suche nach ständig neuen Tätigkeiten abseits unserer eigentlichen Aufgabe.

Ablenkungen wird zur Droge

Damit nicht genug, denn der Teil unseres Gehirns, der für unsere Konzentration zuständig ist, lässt sich grundsätzlich gerne ablenken: der präfrontale Cortex. Jedes Mal, wenn wir uns während der Arbeit von einer SMS, einer Facebook-Nachricht, einem Geräusch in der Küche oder von einem Stück Schokolade ablenken lassen, bricht dieser Teil unserer Denkzentrale in Freudenströme aus und veranlasst die Ausschüttung eines Opiates, das dafür sorgt, dass wir uns gut fühlen. Anstelle der großen Freude, die unser Gehirn nach der Bewältigung einer Mammutaufgabe empfindet, gieren wir nach kleinen – dafür aber ständigen – Reizen.

Doch nicht nur Multitasking an sich ist schädlich. Schon die Möglichkeit dazu, beispielsweise ein geöffnetes E-Mail-Programm, senkt unsere Konzentration um 10%. Vertraut man Glenn Wilson, einem Psychologieprofessor vom Gresham College in London, so arbeiten wir im Vergleich selbst dann deutlich effizienter, wenn wir vor der zu erledigenden Aufgabe einen Joint rauchen – solange wir während der anschließenden Arbeitszeit keinen zusätzlichen Ablenkungen ausgesetzt sind.

Infomanie: das Gehirn sucht ständig neue Reize

Dieses Phänomen nennt sich Infomanie und besagt, dass unser Gehirn ständig auf der Suche nach neuen Reizen ist. Wenn wir das Facebook-Fenster also geöffnet haben, sind wir ständig verleitet, unsere Nachrichten zu checken oder unseren Newsfeed durchzuschauen.
Eine weitere These steuert Russ Poldrack bei, seines Zeichens Neurowissenschaftler an der Stanford University: Wenn wir multitasken, landen die Informationen, die wir aufzunehmen versuchen, im falschen Gehirnareal. Ein typisches Beispiel: Der Student, der während des Fernsehens lernt. Die Vorlesung, der er sich gerade widmet, landet auf direktem Wege in dem Teil seines Gehirns, der für das Erlernen neuer Tätigkeiten zuständig ist – nicht in dem Teil, der Informationen und Fakten speichert. Ohne die gleichzeitige Ablenkung durch den Fernseher  landet das neu Erlernte im sogenannten Hippocampus, wo es organisiert und sortiert wird. Nur so kann man sich gut an die neuen Informationen erinnern.

Ähnliche Phänomene sind in der Arbeitswelt zu beobachten, weshalb niemand mehr ohne einen Terminkalender oder To Do-Listen auskommt. Nichts wird gespeichert oder gemerkt: ab in die Cloud damit. Doch was genau ist eigentlich der größte Ablenkungsfaktor im Arbeitsalltag? Firmenchefs, Wissenschaftler, Studenten, mittelständische Unternehmer und Autoren sind sich einig: E-Mails.

Ab und zu das Tempo drosseln und nicht sofort reagieren

Wer kennt das nicht?Nachdem Empfang einer EMail stellen sich sofort die Fragen: Reagiere ich auf die E-Mail? Falls ja: Jetzt oder später? Wie wichtig ist die Nachricht? Hat es soziale, ökonomische oder berufliche Folgen, nicht auf diese E-Mail zu antworten?

Betrachtet man die Auswirkungen auf unser Gehirn, so sollten wir uns tatsächlich sehr gut überlegen, ob wir antworten. Reagieren wir nämlich auf eine Facebook-Nachricht oder auf eine E-Mail, dann schüttet unser Körper Dopamin aus, weil wir eine Aufgabe erledigt haben –  auch wenn uns diese Aufgabe eine Minute zuvor noch völlig unbekannt war. Das Ergebnis: unser Gehirn giert nach weiteren dieser Erfolgserlebnisse.

Es hat also durchaus seinen Sinn, ab und zu das Tempo zu drosseln und nicht sofort zu reagieren. Für das Checken der eigenen E-Mails kann man feste Zeiten einplanen. Anrufe können auf die Mailbox umgeleitet und später beantwortet werden. Das vermeintlich gleichzeitige Erledigen verschiedener Aufgaben setzt unseren Kopf unter hohen Stress, auch wenn modernste Technik uns dazu verleitet. Lassen Sie sich nicht versklaven – Ihre Sinne werden es Ihnen danken.

Foto: pixabay.com

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Thorsten • 9. September 2016


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